Der Dresden Football Club (DFC) wurde am 18. Oktober 1873 von in Dresden lebenden Engländern und Amerikanern gegründet. Er ist der erste Fußballverein der sächsischen Landeshauptstadt und galt lange Zeit als erster Verein, der auf dem europäischen Festland bzw. außerhalb der Grenzen des Vereinigten Königreichs Fußball nach den Regeln der englischen Football Association (FA) spielte. Der Dresdner Archäologe Hans-Peter Hock hat allerdings herausgefunden, dass die Spieler mit schwarzem Cross Pattée auf ihren weißen Trikots zunächst Rugby praktizierten und erst später "Assoziationsfußball" ausübten. Das Cross Pattée ist auf vielen Abbildungen gut als Vereinslogo zu erkennen. Es stellt eine Abwandlung des Kreuzes dar, an dem Jesus von den Römern hingerichtet wurde.
Dass sich die Sportler der anglo-amerikanischen Kolonie in Dresden einer christlichen Symbolik bedienten, verwundert nicht. Denn die gesellschaftlichen Zentren dieser beiden Gemeinden stellten ihre Gotteshäuser dar, aus deren Personal sich oftmals die wichtigen Personen für den Vereinsbetrieb rekrutierten. Die englischsprachige Gemeinde in der königlichen Residenzstadt war vergleichsweise groß und rekrutierte sich aus jungen Frauen, die an der Hochschule für Bildende Künste studierten, Männern die in technischen Berufen arbeiteten und ihr Knowhow nach Sachsen brachten. Zudem prägten viele Briten im Besonderen das Stadtbild, da sie nicht nur konsumierten, sondern auch als Kaufleute auftraten und Waren aus dem Empire anboten.
Von den in Dresden lebenden Menschen im Jahre 1871 (177.040) waren circa 3,5% (6.250) Ausländer. Wiederum ein knappes Drittel (1.491) dieser Gruppe stellten Amerikaner und Briten dar. Im Jahr 1890 erreichte diese Gruppe ihren Zenit hinsichtlich des Bevölkerungsanteils mit 2.241 Menschen. Bis zur Jahrhundertwende ging die absolute Anzahl an anglophilen Dresdnern leicht zurück und stagnierte bis zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs bei knapp 2.000. Die anglo-amerikanische Kolonie fiel zudem auf, da sie am neuen Wohnort ihren althergebrachten Freizeitaktivitäten nachging. Seit 1861 wurde auf der Elbe eine Regatta abgehalten, oder auf den Wiesen am Großen Garten fanden Leichtathletik-Wettkämpfe statt, die die Neugier der Alteingesessenen weckte. Aber auch mit eigenen Lokalen, Theatern und Zeitungen machte die Community auf sich aufmerksam, zudem gab es mit der Tramways Company of Dresden gar eine eigene Pferdestraßenbahn-Gesellschaft.
Die Niederlassungen der Amerikaner entstanden ab 1870 südlich der Eisenbahntrasse der Sächsisch-Böhmischen Staatseisenbahn, die vom Böhmischen Bahnhof (Dresdner Hauptbahnhof) ins heutige Děčín, dem damaligen Tetschen, bzw. ins benachbarte Bodenbach führte. Der heute noch Amerikanisches Viertel genannte Stadtteil wurde beim Bombenangriff der Alliierten komplett zerstört. Letzter Zeuge dieser Zeit ist die Franklinstraße, die 1873 angelegt wurde und noch heute diesen Namen trägt. Am heutigen Hauptbahnhof befand sich die Presbyterianische Kirche, das religiöse Zentrum der amerikanischen Community. Die Anglikanische Kirche, gelegen an der Wiener Straße, Ecke Beuststraße, war das Zentrum der englischen Gemeinde, die sich vor allem zwischen Großem Garten, Ferdinandplatz und Hauptbahnhof niederließ. Die Priester dieser Kirchen fungierten in zentralen Posten des DFC und kümmerten sich um die Organisation, wie zum Beispiel der erste Vorsitzende, Reverend John Smith Gilderdale, Priester der anglikanischen Kirche. Gilderdale war von 1857 - 1870 stellvertretender Schulleiter an der renommierten Forrest School im Londoner Nordwesten, wo seit 1850 Fußball gespielt wurde. In diesem Posten konnte er sich das Rüstzeug für die Leitung eines Vereins und das Wissen um die verschiedenen im DFC betriebenen Sportarten aneignen.
Es ist nicht genau zu erklären, zum welchem Zeitpunkt im Dresden Fooball Club mit der Ausübung des Fußballsports nach FA-Regeln begonnen wurde. Dem Cricket-Spiel gingen die Sportler des DFC in den 80ern mittlerweile im Ostragehege nach, in etwa an der Stelle wo heute das Heinz-Steyer-Stadion des Dresdner SC steht. Der Zeichenlehrer der Dresdner Freimauerschule, ein gewisser Carl Friedrich Seidel, entwarf 1886 eine Parkanlage, die im Dresdner Ostragehege entstehen sollte. Dieser Entwurf war einer von insgesamt 38, die an einem vom Bezirksverein Friedrichstadt initiierten und von der Stadt ausgeschriebenen Wettbewerb teilnahmen. Die Güntz-Stiftung hatte sich bereit erklärt die Kosten für die neue Anlage zu übernehmen. Der Entwurf von Seidel zeichnete sich durch gute Kenntnis der örtlichen Gegebenheiten und den Bedürfnissen des Stadtteil aus, wurde dennoch nicht prämiert. Die hohe Sachkenntnis des Zeichners Seidels verwundert nicht, lag doch sein Arbeitsplatz in direkter Nachbarschaft zum Gehege. Die Freimauerer-Loge hatte ihren Sitz von 1838 bis 1935 auf der Ostra-Allee in Dresden-Mitte. Das Herzstück seines Entwurfs bildete ein sogenannter Tummel-Platz zum Fußball spielen, sowie ein sogenanntes "Ostra-Schlößchen" als gastronomischer Mittelpunkt der Anlage. Als Hauptnutzer waren die "Footballclubisten" vorgesehen. Auch die Siegerentwürfe sahen in Sport- und Spielplätzen zentrale Elemente der Gestaltung des Ostraparks. Im 19. Jahrhundert wurde alsp bereits der Grundstein für die Entwicklung des Ostrageheges zum heutigen Sportpark gelegt.
Lesetipp:
Sylvia Butenschön, Geschichte des Dresdner Stadtgrüns (Arbeitshefte des Instituts für Stadt- und Regionalplanung der Technischen Universität Berlin 68), Berlin 2007.
Hinsichtlich der Ausübung des Fußballsports nach FA-Regeln beim DFC ist davon auszugehen, dass spätestens Ende der 1880er Jahre damit begonnen worden sein muss. Denn im Jahr 1891 startete der DFC eine Siegeserie, die seinen legendären Rufe begründete. Berlin war in den 1890ern die deutsche Fußballhochburg und zählte zwölf verschiedene Vereine. Mit einem 9:0 gegen den English Football Club Berlin in der Reichshauptstadt startete der DFC seine furiose Reihe. Es folgte ein 7:0 in Dresden gegen den EFC Berlin, ehe nochmals gegen den EFC in Berlin mit 6:0 gewonnen werden konnte. Am selben Tag konnte ein Vergleich mit der deutschen Nationalmannschaft, eine Auswahl des Deutschen Fußball- und Cricket Bunds (DFuCB), mit 3:0 gewonnen werden. Auch gegen Viktoria Berlin gelang ein Sieg (5:0) in Dresden sowie zwei Triumphe gegen Regatta Prag (4:0, 9:0). Außergewöhnlich war, dass die Dresdner immer ohne Gegentreffer blieben.
Das Spiel gegen den English Football Club Berlin ist nicht nur in Wort, sondern auch in Bild dokumentiert. Der Berliner Ernst Hosang hat eine Spielszene in einer Skizze festgehalten, die von einem Holzstecher in einer Grafik verewigt wurde. Darauf zu sehen ist in Vogelperspektive das mit schwarz-weiß-roten Fähnchen abgesteckte Spielfeld. Die Mannschaft Berlins trägt rot-schwarz geringelte Trikotagen und dazu weiße Hosen. Auf den weißen Trikots der Dresdner erkennt man gut das schwarze Cross Pattée, eine Tradition die also beibehalten wurde, dazu wurden blaue Hosen getragen, sowie zweifarbige Stutzen. Im Vordergrund ist gut das gehobene Publikum aus Gentlemen und Gentlewomen zu betrachten, dass dem Fußballspiel in der Frühphase noch wohlgesonnen war.
Während in anderen Städten die Entwicklung der Vereinslandschaft rasanter fortschritt, kam es erst in der Mitte der 1890er Jahre zur Gründung eines zweiten Dresdner Fußballclubs, dieser nannte sich Neuer Dresdner Fussball-Club (NDFC), dessen Existenz sich erst ab 1895 in den Presseerzeugnissen belegen lässt, wo jedoch bereits das zweijährige Bestehen betont wird.
Die Saat für eine erfolgreiche Entwicklung des Fußballsports legte Ernst Woldemar Bier, in dem er den Fußballsport an den Dresdner Schulen etablierte und damit wiederum den Bedarf an Nachwuchs sicherte, auf der anderen Seite weckte er dadurch im Gegenzug ein Bedürfnis nach weiteren Mannschaften und Vereinen, in denen die Jugendlichen im Erwachsenenalter kicken konnten. Ende der 80er Jahre gingen die Jugendlichen unter Biers Anweisung dem Sport im Ostragehege nach, was nicht verwundert, da die königliche Turnlehrerbildungsanstalt auf der Friedrichstraße beheimatet war.
Das erste bekannte Stadtderby der Dresdner Fußballgeschichte verlor der DFC am 27. Oktober 1895 mit einem deutlichen 7:0 gegen den NDFC, allerdings konnte der Dresden FC die Scharte mit einem ebenso deutlichen 7:0 am 31. desselben Monats wieder auswetzen. Am 4. November 1895 trafen beide erneut aufeinander und der DFC gewann mit 3:0. Nachdem in den ersten Jahren in den Nachrichten des NDFC vom DFC kaum die Rede war, näherten sich Deutsche und Angloamerikaner zunehmend an und pflegten schließlich sogar ein freundschaftliches Verhältnis. Als der DFC seinen Platz an der Lennéstraße aufgrund städtischer Baumaßnahmen nicht nutzen konnte, stellten die Kameraden vom Neuen Dresdner FC freundlicherweise ihren Platz auf den Elbwiesen in der Dresdner Johannstadt zur Verfügung. Beide Vereine empfingen an diesem Wochenende die Prager Mannschaft vom Deutschen Fussball-Club, die mit 8:1 gegen die NDFC und mit 2:1 gegen den DFC obsiegte.
Seit der Gründung des NDFC wurde der Dresden FC oftmals zur besseren Abgrenzung als English Football Club bezeichnet, während die englischsprachigen Quellen den NDFC als German Football Club bezeichnen. Im Jahr 1897 änderte sich auch die Trikotage des DFC. Bei einem erneuten Gastspiel in Berlin wird nicht nur die stark abgenommene Qualität der Dresdner Mannschaft bemerkt, auch dass sie in schmuckloser, schwarz-gelber Garnitur auflief, das heißt in Schwarzen Trikots und gelben Hosen. Allerdings liefern Bilder vom Spiel Hinweise, dass die Spieler in unterschiedlicher Kleidung aufliefen, einer gänzlich in Schwarz, einer in einem beliebten Harlekin-Trikot, was dafür spricht, dass die Mannschaft nur noch selten zum Wettstreit zusammen kam und dabei auf private Kleidung zurück greifen musste.
Am 30. April 1898 gründeten ehemalige Mitglieder des DFC und NDFC den Dresdner Sport-Club!
Literatur:
Hans-Peter Hock, Der Dresden Football Club und die Anfänge des Fußballs in Europa, Hildesheim 2016.
1898
Dresden Football Club - Dresdner Sport-Club 0:0
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admin (Sonntag, 24 April 2022 09:57)
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